Teamnähe in Zeiten von Homeoffice schaffen

„Ich erinnere mich noch genau, wie ich an meinem ersten Arbeitstag durch das großzügige, lichtdurchflutete Foyer meines neuen Arbeitgebers gelaufen bin und stolz war nun Teil des Teams zu sein und fühlte mich dem Unternehmen verbunden.“

So hat die Teilnehmerin einer unserer Work Smart Talks das Gefühl an ihrem ersten Arbeitstag beschrieben. Stolz darauf zu sein Teil von etwas zu sein – das macht einen wesentlichen Teil unseres Wohlbefindens (nicht nur im Arbeitsleben) aus.

Da steckt etwas ganz entschieden in dieser Aussage: nämlich, dass wir so häufig berichten, wie wir uns gefühlt und nicht was wir gemacht haben. Auch dies unabhängig ob es um den Job, eine Unternehmung, den Urlaub oder was auch immer geht. Wir nehmen Eindrücke auf, die sich in Gefühle und Emotionen umwandeln und die uns prägen. Die uns Verbundenheit spüren lassen.

Verbundenheit im Job

Verbundenheit zum Team und Unternehmen spüren ist ein wesentlicher Baustein für glückliche Mitarbeiter und eine langfristige Mitarbeiterbindung.

Beschäftigte, die im letzten Jahr eingestellt wurden oder einen 100% remote Job haben, sind zumeist noch nie oder nur für einen begrenzten Zeitraum im Unternehmen gewesen. Macht es den Arbeitgeber dann austauschbar, wenn wir für unsere Tätigkeit alles zu Hause haben? Womit fühlt man sich dann verbunden?

Ist es überhaupt möglich, ohne dass sich Menschen persönlich treffen und kennenlernen, dass sie sich zu einander verbunden fühlen? Gar sich in einander verlieben? Es muss möglich sein, wie Paare zeigen, die sich online kennen und lieben gelernt haben. Wie ist das möglich?

Die drei Arten der Distanz – und der Nähe

Nähe ist das Gegenteil von Distanz. Dabei kennen wir

  • räumliche / örtliche Distanz
  • Interaktionsdistanz
  • emotionale Distanz

und analog dazu verhält es sich mit der Nähe – auch die kann räumlich, emotional und durch Interaktion stattfinden, wahrgenommen werden, spürbar sein. Keine dieser Ausprägungen alleine schafft das, was wir unter Verbundenheit verstehen. So braucht die emotionale Nähe unbedingt die Interaktion und im Gegensatz dazu wird die räumliche Distanz durch emotionale Distanz bis zur Entfremdung hin verstärkt.

Nähe schaffen „on the job“

Will man Verbundenheit und Nähe schaffen, gilt es alle drei Distanzebenen aufzubrechen.

Räumliche Distanz – das haben wir mehr denn je gelernt – lässt sich durch virtuelle Nähe überbrücken. Und eine Brücke – die passt ziemlich perfekt in unser Bild der Verbundenheit. Eine funktionierende IT (z.B. stabile Leitung), Tools für Echtzeitkommunikation (z.B. Videokonferenz) und Technikkompetenz sind also quasi unsere Basisbrückenbauer für die Überwindung räumlicher Distanz.

Interaktionsdistanz oder -nähe liegen in der Kommunikationskompetenz der Teams selbst begründet. Kommunikationsschwierigkeiten werden durch räumliche Distanz verschärft. Wichtig zu verstehen ist, dass sie nicht durch Digitalität entstehen! Brücken bauen und damit Verbundenheit aufbauen, können wir im virtuellen Raum durch noch pointiertere Kommunikation, durch Zuhören, durch das gemeinsame Erarbeiten von Kommunikationsregeln und auch – das scheint nur auf den ersten Blick paradox – durch die Begrenzung von Kommunikation. Denn je fokussierter wir kommunizieren, desto weniger Missverständnisse treten auf. Das ist übrigens nicht gleichbedeutend mit dem reinen Zeitumfang oder mit Kommunikation unter Zeitdruck oder Desinteresse! Hier besteht ständiger Übungsbedarf – denn wie wir alle wissen, können wir nicht NICHT kommunizieren. Gleiches gilt für die Interaktion.  

Zuletzt (vielmehr parallel) gilt es emotionale Nähe zu schaffen, um eine Verbundenheit im Team und zum Unternehmen zu ermöglichen. Während Teams, die gemeinsam in Phasen des Remote Works wechseln, sich bereits kennen und Mimik bzw. Stimmung aus analogen Zusammenhängen in virtuelle Interaktionen übertragen können, gilt dies für neue Teammitglieder nicht.

Die non-verbale Kommunikation, auf die wir uns so sehr verlassen, müssen wir nun bestmöglich simulieren. Wir müssen andere Sinne schärfen, die wir im analogen Alltag nicht in gleichem Maße benötigen. Es muss gelten:

  • Kamera an in Onlinekonferenzen (80% der Wahrnehmung erfolgt über die Augen und die meisten Infos geben wir über Mimik und Gestik preis);
  • Implizites explizit machen: über Gefühle sprechen (als Beispiel mag hier der Check-In als Stimmungsbild zum Meetingstart dienen);
  • Räume für privaten Austausch schaffen: z.B. virtuelle Kaffeepause oder 5 Minuten Small Talk kurz vor Beginn der eigentlichen Agenda;
  • wertschätzende Haltung, explizites Lob und Anerkennung als Ersatz zur analogen Begegnung auf dem Flur.
Verbundenheit ist ein Prozess

Der erste Moment, wenn man den neuen Arbeitsplatz physisch betritt, ist sicher ein sehr besonderer. Verbundenheit aber ist ein Prozess – keine Momentaufnahme. Emotionale Distanz ist im Großraumbüro genauso wahrscheinlich wie beim digitalen Onboarding – vielleicht sogar noch mehr, denn wir sind uns der Gefahr weniger bewusst. Wenn wir uns erinnern, dass „Blicke töten können“, dann wissen wir auch, das Interaktionsdistanz entstehen kann, obwohl wir Tisch an Tisch sitzen – oder genau deswegen.

Remote als Brücke denken!

Verbundenheit entsteht nur dann, wenn Menschen interagieren und kommunizieren. Wir haben dies gelernt ohne die Barriere des virtuellen Raums dazwischen – aber wir sind genau jetzt an der Stelle, Tools und digitale Helfer als Brücken zu verstehen. Verbundenheit kann digital entstehen. Hilfreich dafür sind wie im analogen Leben:

  • Vertrauen,
  • Respekt,
  • Anerkennung/Wertschätzung,
  • Kommunikation,
  • Partizipation.

Wir haben den Begriff des Social Distancing glücklicher Weise relativ schnell wieder aus dem Sprachegerbrauch gestrichen. Denn es geht einzig und allein um eines: Um Social Connecting. Und das ist doch irgendwie die digitale Übersetzung von Verbundenheit 😉

Viel Spaß beim Onboarden, Kommunizieren und smarten Arbeiten!

Zur Autorin

Anna Wolf ist Wirtschaftspsychologin und Projektmanagerin. Als Consultant New Work der migosens GmbH begleitet sie interne und externe Organisationsentwicklungsprojekte. Ihre Arbeit zeichnet sich durch strategische und ganzheitliche Herangehensweisen aus, bei der das Erleben und Verhalten der Menschen stets im Fokus steht.