Andreas Bierod

Was hat sich für Sie und die cse in den letzten 2 Jahren verändert? Welche (neuen) Herausforderungen standen Sie gegenüber?

Als ich vor 2 Jahren bei der cse anfing, bestand insbesondere in der Hardware-Ausstattung noch ein großer Rückstand und war mehr mit einem Status in der Organisation als mit einem funktionalen Nutzen verbunden. Dies konnten wir durch eigenen Kapitaleinsatz sowie durch Corona-Fördermittel sehr kurzfristig beheben. Inzwischen gibt es für alle Arbeitsbereiche eine gute Grundausstattung an Hard- und Software. Wie bei vielen andere auch, waren Videoformate bis dahin sehr unüblich; hier konnten wir eine steile Lernkurve hinlegen und haben Videoformate uvm. heute in unseren Arbeitsalltag sehr genuin integriert.

Aktuell sehen wir uns zum einen der Herausforderung gegenübergestellt, hybride Arbeitsformate nicht nur durch Kommunikationstools zu ermöglichen, sondern sämtliche Arbeitsgrundlagen zu digitalisieren: Vertrags- und Dokumentenmanagement, Personalakten, Rechnungswesen etc. Erst wenn dies alles auch digitalisiert ist, können wir wirklich ortsunabhängig und papierlos arbeiten. Zum anderen sind wir nicht allein auf dieser Welt. Viele Aufträge bekommen wir von öffentlichen Auftraggebern, wo es bislang noch oft zu Medienbrüchen kommt.

Was sind ihrer Meinung nach die größten Herausforderungen für Unternehmen in Bezug auf die Digitalisierung?

Es gibt meines Erachtens eine zentrale personale Herausforderung und eine zentrale organisationale. Die personale Herausforderung ist es, auch jenseits einer reinen Altersgrenze sowohl digital nativs als auch digital immigrants in den Digitalisierungsprozess mitzunehmen. Das braucht einerseits Zeit und Ressourcen (siehe Antwort 3); andererseits aber auch Klarheit, dass es ein rein analoges Weiterarbeiten nicht geben wird. Wer das trotz aller Weiterbildungsangebote nicht mitmachen möchte, muss sich auch verabschieden können.
Die organisationale Herausforderung lässt sich am besten mit dem Schlagwort „vor jeder Digitalisierung kommt die Standardisierung“ beschreiben. Es ist oft gar nicht so einfach, zum Teil sehr individuell etablierte Prozesse so zu vereinheitlichen, dass daraus ein sauberer digitaler Ablauf entsteht, der dann auch die Mehrwerte erzeugt, die man haben möchte.

Wie gehen Sie das Thema an und nehmen die Mitarbeiter mit?

Nach einem Schub an Hardware-Grundausstattung (insbesondere Laptops und Smartphones) für alle Mitarbeiter:innen, war insbesondere Schulungen notwendig, um die neuen Möglichkeiten auch zu nutzen. Gleichzeitig wurde unser internes Ticketsystem um spezielle Anfragemöglichkeiten erweitern. Schulungen ergeben aber nur Sinn, wenn viele gleichzeitig etwas neu lernen müssen. Inzwischen setzen wir verstärkt auf how-to-use-Videos, die orts- und zeitunabhängig sowie immer wieder angeschaut werden können.

Unsere Devise lautet: Niemand muss vorher alles können, aber man muss alles lernen wollen. Zudem führen wir zu Beginn vor allem Instrumente ein, die für möglichst viele echte Mehrwerte bringen. Dies hat bei der Einführung von Video- und Kollaborationstools angefangen, ging über digitales Rechnungswesen weiter und widmet sich als nächstem Projekt der Personalarbeit zu. Alles Themen, von denen alle Mitarbeiter:innen betroffen sind.

Was wird die Teilnehmer in ihrem Workshop erwarten?

Ich möchte gerne Einblick in einen Bereich geben, der oft etwas belächelt wird, wenn es um Digitalisierung; auch weil es immer noch Professionsvertretungen gibt, die alle Klischees der Sozialarbeit der 1980er Jahre bedienen. Die soziale Arbeit und insbesondere die Pflege sind inzwischen gut digitalisierte Arbeitsbereiche, wenn man es denn will!